My Life in the News – Jessica Emmett

Aus alten BBC Nachrichten stellt Jessica Emmett das Leben vietnamesischer Flüchtlinge (Boat People) und die Rückgabe von Hong Kong an China nach – es ist ihr eigenes Leben. Geboren in einem Flüchtlingslager kommt sie als Adoptivkind zu britischen Eltern, wächst erst in Hong Kong und dann in Manchester auf. Ihre Arbeit My Life in the News ist auch deshalb eindrücklich, weil die Verfügungsgewalt und der Besitz an Bildrechten eine strukturelle Gewalt zeigen. Menschen mit diskontinuierlichen Biografien kennen keine Rechte am eigenen Bild, im doppelten Sinne: sie werden von den Massenmedien vorgeführt und haben keine eigenen Bilder und Dokumente, die sie diesen Vorführungen entgegensetzen könnten – obwohl gerade erlebte Brüche und Schicksalsschläge oft einer Aufarbeitungen bedürften und das der Diskontinuität entspringende, erlebbare Anderssein viel stärker nach eigener Selbstlegitimation und einer Erzählung verlangt. Der Titel “My Life in the News” verheisst, Jessica Emmett wäre Medienstar. In welcher Form sie dies jedoch ist, weist auf eine bezeichnende Kluft.

Dem Privileg, die eigene Geschichte selbst zu erzählen und eigene Dokumente zu besitzen, also bedeutend zu sein einzig schon durch eine Zugehörigkeit, eine Kulturtradition und eine Familiengeschichte, setzt Jessica Emmett in ihren Arbeiten konsequent eine eigene Form des Erzählens entgegen. In ihrer künstlerischen Auseinandersetzung zeigt sie, dass die eigene Biografie von den Lebensbedingungen und dem Umfeld abhängig sind. Weil diese Bedingungen für ihre Person nicht gleichsam gegeben sind, schafft sie sich selbst und ihre Identität heraus in einer poetischen Analyse eben dieser Reflexionsbedingungen und macht die persönliche Lebenserzählung zum komplexen, eigenen Werk.

Nachrichten und Berichterstattungen sind zwar permanent veröffentlichtes – jedoch im Sinne des Copyrights eben nicht öffentliches Material. Festgehalten werden stets möglichst tragische Momente, Katastrophen und einschneidende Ereignisse, in denen Menschen alles verlieren. Jessica Emmett greift auf dieses Dokumentationsmaterial zurück und weist durch die Bearbeitung über das eine Werk hinaus. Diese Bilder der Katastrophen und Ereignisse lassen sich gegenmontieren, lassen sie sich nutzen und zusammenstellen, um eine andere Sichtweise, ein Blick von innen zu gewinnen. Dadurch bilden diese Dokumente nicht nur den Tiefpunkt im Leben der Abgebildeten, sondern auch das Rohmaterial, um auch eine andere, eine eigene Geschichte – eine Geschichte der scheinbaren Sprachlosigkeit – zu erzählen. Diese Umkehrung denunziert auch jene Öbszönität des Zuschauens und die verwirrend komplexe Distinktions- und Deutungsmacht der Verschonten, der Zuschauenden, der Geschichtsmächtigen.

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